Alexander Rahr: Laschet soll schlecht über Russland reden

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Armin Laschet, der neugewählte Vorsitzende der CDU, steht plötzlich unter einem ganz besonderen Druck. Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat ihn unmissverständlich dazu aufgerufen, seine „Russland-freundliche“ Position aufzugeben und sich dezidiert kritisch zu Russland zu äußern.

 

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Auch viele führende Mainstream-Medien schlagen in dieselbe Kerbe: Laschets fehlende Kritik an Russland sei verdächtig. Bald werden auch Politiker aus der eigenen Partei in die Reihen dieser „Inquisition“ gegen Laschet eintreten. Drohungen gegen Laschet, eine „Russland-Affäre“ gegen den CDU-Frontmann und Kanzlerkandidaten aus dem Nichts zu stampfen, liegen spürbar in der Luft. Laschet wird standhaft bleiben.

 

Die Frage nach dem Verständnis der Grünen zur Meinungsfreiheit und Toleranz soll hier nicht erläutert werden. Jeder Leser kann sich nach der Lektüre des Spiegel-Interviews von Baerbock seinen eigenen Reim darauf bilden. Interessant ist, wieviel Angst manche transatlantischen Kräfte in Deutschland verspüren, dass sich unter einem Merkel-Nachfolger die festgefahrenen Beziehungen mit Russland verbessern – zumindest normalisieren könnten.

Dabei ist es im nationalen Interesse Deutschlands, auch im gesamteuropäischen Interesse, dass es zwischen dem Westen und Russland nicht zu einem neuen Kalten Krieg kommt, dass beide Seiten in eine Entspannungspolitik eintreten, bestehende Konflikte zu bewältigen suchen, statt sie weiter zu befördern. Bei aller Bündnistreue mit den USA – Deutschland darf sich nicht in den großen weltpolitischen Konflikten der USA mit China und Russland einseitig auf die amerikanische Seite ziehen lassen. Europa braucht einen eigenen Sicherheitsdialog mit konkurrierenden Mächten in der kommenden polyzentrischen Weltordnung.

Welche Positionen vertritt aber Laschet zu Russland? Antwort: pragmatische und weniger ideologische. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments vor zwanzig Jahren, empfand er viel Sympathie für das Konzept eines gemeinsamen Raumes von Lissabon bis Wladiwostok. Schon damals nahm er aktiv an Konferenzen mit Russen teil. Als Minister für Integration des Landes Nordrhein-Westphalen organisierte er einen wichtigen Dialog mit der russischen und türkischen Diaspora, zeigte aufrichtiges Verständnis für die Anliegen der Migranten, förderte so ihre Assimilation in Deutschland.

Laschet zeigte keine Scheu, nach Ausbruch des Ukraine-Konflikts zwischen Russland und dem Westen an Veranstaltungen wie dem Petersburger Dialog und der Jahresversammlung des Deutsch-Russischen Forums teilzunehmen. Als Ehrengast sprach er dort in einer wohltuend konstruktiven Sprache, ohne Russland-Bashing und ohne irgendwelcher Anbiederung gegenüber Russland. Laschet verteidigte den Bau der Nord Stream II, weil er sich als verantwortlicher Wirtschaftspolitiker nicht vorstellen kann, wie die deutsche Volkswirtschaft nach dem gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Atomenergie ohne den Brückenfaktor Erdgas, bis zum Jahre 2050, wenn Deutschland vollkommen klimaneutral werden möchte, funktionieren kann.

Als Premierminister eines solch großen Bundeslandes wie Nordrhein-Westfalen trägt Laschet natürlich eine Verantwortung auch für die außenwirtschaftlichen Beziehungen. In seinem Bundesland sind zahlreiche Firmen mit langjährigen Russlandbeziehungen angesiedelt. Sie erwarten von der Landesregierung Unterstützung in schwierigen Zeiten und weniger Ideologie. Im Übrigen unterscheidet sich Laschet mit seinen Positionen hinsichtlich einer Interessen-bezogenen Partnerschaft zu Russland in keiner Weise von Markus Söder, der auf dieselbe Art und Weise den Handel zischen Bayern und Russland aufrechterhalten möchte.

Beide Politiker – Laschet und Söder – werden, sollte einer von ihnen Kanzler werden, einen pragmatischen Kurs Richtung Russland einschlagen, bei aller Kritik an Menschenrechtsverletzungen und Demokratieabbau in diesem Land. Was Laschet nicht tun wird, ist sich der von den USA geplanten „Allianz der Demokraten im Kampf gegen die Diktatoren dieser Welt“ anzuschließen. Wie ehrwürdig die Ziele dieser Allianz auch sein mögen – in einer Weltordnung, die sich von einer unipolaren pro-westlichen mehr und mehr zu einer polyzentrischen entwickelt, befördert eine strikt werteorientierte kämpferische Politik nur weitere gefährliche Konflikte.

Sollte Laschet Kanzler werden, wird er in einer ganz anderen Epoche regieren müssen, als Angela Merkel es 16 Jahre lang getan hat. Die Europäische Union und die transatlantischen Beziehungen stehen in manchen Fragen vor der Zerreißprobe. Die Herausforderungen für Deutschland und die EU aus dem Süden – gemeint ist der mögliche Zusammenbruch des Nahen und Mittleren Ostens – sind so gewaltig, dass sie ein ganz anderes Handeln der deutschen und europäischen Politik beanspruchen werden. Der Franzose Emmanuel Macron hat es längst verstanden; er und Laschet werden hier schnell eine gemeinsame europäische Antwort auf die Gefahren finden. Zu dieser Antwort wird auch ein neues strategisches Verhältnis zu Russland gehören.

 

Quelle: russlandkontrovers.com

 

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